Was so ruhig begann, endete reichlich turbulent. Die Begegnung zwischen Einsiedeln und Willisau entschieden die Gäste erst in den beiden letzten Duellen für sich.
W.S. Pickelnde Stimmung herrschte in der Vergangenheit das eine oder andere Mal in der Sporthalle Brüel. Es ist erst drei Wochen her, da hatte man den Eindruck, dass die Ringerriege Einsiedeln so richtig Fahrt aufgenommen hat. Sie besiegte Schattdorf in überzeugender Manier und kam auch diesmal in die Nähe des Punktgewinns, aber mit Verlaub, Willisau war am Ende die bessere Mannschaft. Bei den Einsiedlern fehlte die Ausgeglichenheit in den sieben Gewichten und teilweise auch die Präzision in den Angriffen, vieles war noch Stückwerk. Obschon das Team in der Defensivarbeit Fortschritte gemacht hat, muss man feststellen, dass noch nicht alles sattelfest wie bei den Gästen ist.
Tolle Halbzeit
Eine mit 480 Zuschauern gut gefüllte Sporthalle bot die entsprechende Kulisse für diesen Fight. Im Leichtgewicht bezwang Kay Neyer mit technisch gekonnten Aktionen in der ersten Runde Marc Kaufmann mit 9:0. Schade, dass ihm in der zweiten Runde keine Wertung mehr gelingen wollte. Im Schwergewicht traf Boris Illenseer auf den WM-Dritten Stefan Reichmuth, der seinem Kontrahenten mit blitzschnellen Angriffen keine Chance liess und zu einem 6:0-Sieg kam. Illsenseer konnte das Punktemaximum des Gegners verhindern und erfüllte damit das Ziel. In einem engen Fight verlor Lars Neyer gegen den technisch variableren, mehrfachen Schweizermeister Timon Zeder hauchdünn mit 4:2. Der Willisauer war taktisch ausgezeichnet eingestellt. Böses Erwachen für Sven Neyer: Nach eine Viererwertung seines Kontrahenten Dominik Bossert musste er alles auf eine Karte setzen. Körperlich ausgepumpt, liess Dominik Bossert zusehends nach und gab immer wieder Zähler ab. Nach wirkungsvollen Durchdrehern am Boden von Neyer musste sich der Gastringer mit 10:4 geschlagen geben. Michel Schönbächler war gegen Rasul Israpilov vor allem zu Beginn überfordert und geriet gleich mit 8:0 ins Hintertreffen. Er liess sich von seinem geschickt agierenden Gegner die Kampfweise aufzwingen und musste letztlich froh sein, dass er bei der 13:0 Niederlage nicht technisch überhöht bezwungen wurde. Damit lagen die Einheimischen mit 7:9 bei Halbzeit im Hintertreffen.
Willisaus Stärken
Nach der Pause kamen die starken Gewichte der Luzerner. Andreas Burkard musste gegen den erstmals eingesetzten Ungaren Gergely Gyurits ran. Dabei wurde Burkard zu Beginn mit 6:1 überrumpelt. Trotz einer Aufholjagd musste er die Matte mit 9:7 als Verlierer verlassen. Was das Publikum ebenfalls begeisterte: Jan Neyer, der von seinem Anhang frenetisch unterstützt wurde, behielt gegen den favorisierten Mansur Mavlaev entgegen den Erwartungen mit 6:5 hauchdünn Oberhand. Dann musste Isa Usupov antreten. In einem von der Taktik geprägten Duell gelang es ihm, Florian Bernet mit 8:0 nieder zu halten.
Beim Stande von 13:12 für Einsiedeln mussten die Würfel in den beiden letzten Kämpfen fallen. Willisau hatte dabei mit zwei Junioren-Internationalen die besseren Trümpfe in ihren Händen. Lorenz Schönbächler musste gegen Tobias Portmann bös unten durch und wurde noch vor Zeitablauf technisch überhöht besiegt. Dadurch stand es 13:16 vor dem finalen Duell, in dem Adrian Mazan gegen Michael Portmann, immerhin WM-Fünfter an den Juniorenweltmeisterschaften, mit 7:0 den Kürzeren zog.
«Wir haben zwar den Match verloren, waren aber über weite Strecken ein ebenbürtiger Gegner», bilanzierte Einsiedelns Trainer Urs Bürgler. Die Luzerner liessen bis zuletzt ihre Muskeln spielen und waren letztlich ein verdienter Sieger. Mit einem starken Finish stellten sie die für einen Moment aus den Fugen geratenen Kräfteverhältnisse unwiderruflich her. Willisau ist eine Mannschaft mit grossem Potenzial, mit dem gewissen Etwas, das den Einsiedlern eben fehlte.
Resultatübersicht:
57 kg: Kay Neyer – Marc Kaufmann 3:0
61 kg: Lars Neyer – Timon Zeder 1:2
65 kg: Michel Schönbächler – Rasul Israpilov 0:3
70 kg: Jan Neyer – Mansur Mavlaev 2:1
74 kg: Lorenz Schönbächler – Michael Portmann 0:4
74 kg: Adrian Mazan – Tobias Portmann 0:3
79 kg: Isa Usupov – Florian Bernet 3:0
86 kg: Andreas Burkard – Gergely Gyurits 1:2
97 kg: Sven Neyer – Dominik Bossert 3:1
130 kg: Boris Illenseer – Stefan Reichmuth 0:3
Einsiedeln – Willisau 13:19
Freiamt – Kriessern 21:16
Hergiswil – Schattdorf 22:16
Tabelle: 1. Willisau, 15 P., 2. Kriessern 10 P., 3. Freiamt 10 P., 4. Einsiedeln 6 P., 5. Hergiswil 6 P., 6. Schattdorf 1 P.
Ehrung für Bronzemedaillengewinner
Der 25-jährige Freistil-Ringer Stefan Reichmuth gewann am den Weltmeisterschaften im September im kasachischen Nursultan im Limit bis 86 kg sensationell die Bronzemedaille. Damit sorgte er nach 35 Jahren für die grösste Erfolgsmeldung im Schweizer Ringen. 1984 wurde Hugo Dietsche bei Olympia in Los Angeles ebenfalls Dritter. Seit jenem Medaillengewinn gab es an Elite-Welttitelkämpfen keinen Schweizer Podestplatz mehr. Damit hat er sich einen Olympiaquotenplatz für Tokio 2020 gesichert. In einem Interview mit Speaker René Hensler war zu vernehmen, dass er in einem Jahr rund 230 Tagen für Trainingscamps und Turniere im Ausland unterwegs ist. Beeindruckendes erzählte er über seinen mehrköpfigen Trainerstaff. Aus den Händen der Einsiedler Ringer-Legende René Neyer, der selber zweimal an Olympischen Spielen dabei war und 1984 als Siebter ein Diplom gewann, durfte er unter kräftigem Beifall der Zuschauer ein Präsent entgegennehmen.
Heimmatch gegen Freiamt
W.S. Dass Freiamt nach der 14:21-Niederlage der Vorrunde heiss auf dem Rückkampf ist, braucht nicht lange erklärt zu werden. Es war eine bittere Pille für die Freiämtler. Bei ihnen ist diesmal ein ganz anderes Auftreten angesagt. Nach einer Serie mit vier Siegen geht der Gegner gut gerüstet und mit viel Selbstvertrauen in diese Auswärtspartie. Die Begegnung dieser beiden Teams hat schon seit jeher einen ganz speziellen Charakter. Mit einem Sieg könnte Einsiedeln einen wichtigen Schritt Richtung Playoffs machen.
Werner Schönbächler