Die Ringerriege Einsiedeln hat den Hinkampf gegen Kriessern mit zwei Punkten Unterschied gewonnen. Damit sind die Chancen für den Gewinn der Bronzemedaille intakt.
W.S. Sonntagnachmittag-Krimi, nicht im TV, sondern in der Sporthalle Brüel. Mit einem Ringerfest ging das erste Duell zu Ende. Zum verrückten Kampf passte auch das furiose Ende. Der Klassiker zwischen Einsiedeln und Kriessern mobilisierte 565 Zuschauende . Viele Fans aus dem Rheintal hatten den Weg noch Einsiedeln nicht gescheut. In einem Bus und privaten Autos waren sie angereist, um ihre Lieblinge auf der Matte anzufeuern. In der eigens für die Playoffs aufgebauten Ringer-Arena herrschte eine aufgeheizte, brodelnde, aber durchweg faire Atmosphäre. Das Ringer-Publikum weiss eben, was sich noch gehört Es war ein Riesenkrampf, die Ringer beider Teams haben alles auf der Matte gelassen. Fantastisch, das waren magische Momente. Die Symbiose zum Publikum kann man nicht erzwingen, sie passiert einfach. Und am Sonntagnachmittag ist sie passiert. Die Ringer beider Teams lieferten sich während 90 Minuten einen Abnützungskampf auf hohem Niveau. Es war einfach verrückt.
Knappe Führung für Einsiedeln
Den Wettkampf eröffneten im Leichtgewicht Stone Perlungher und Levin Meier. Beide Ringer gingen energisch zur Sache. Trotzdem stand es nach der ersten Runde 2:2. Dann aber zermürbte Perlungher seinen Kontrahenten mit ständigen Nadelstichen immer mehr, übernahm das Zepter und holte einen vielbejubelten 16:2-Sieg. Sven Neyer und der Internationale Ramon Betschart lieferten sich ein enges Duell. Zur grossen Überraschung führte Neyer bei Halbzeit mit 1:0. Nach weiteren drei ausgeglichen Minuten behielt der favorisierte Betschart mit 3:2 das bessere Ende. Die Einsiedler Antwort kam postwendend. River Perlunger geriet gegen Joel Gächter mit 10:0 in Rückstand. Doch dann bearbeitete er seinen Kontrahenten mit wuchtigen Würfen und riss den Sieg mit 12:10 noch an sich, was ganz nach dem Gusto des Publikums war. Für weitere Stimmung sorgte Andreas Burkard. Der starke Taktiker überrumpelte zu Beginn den körperlich überlegenen Jeremy Vollenweider und lag 5:0 vorne. Doch kam sein Gegner immer näher und liess die Angelegenheit noch zu einer Zittersache werden. Letztlich stand das Glück des Tüchtigen mit 5:4 auf der Seite des Einheimischen. Lars Neyer und der Junioreninternationale Sandro Hungerbühler boten einen tollen Kampf, den das Publikum von den Sitzen riss. Der Einsiedler hatte seine deutliche Vorrundenniederlage nicht vergessen und wollte Wiedergutmachung, was ihm mit der 18:10-Niederlage nicht ganz gelang. Bei Halbzeit lag Einsiedeln 9:8 vorne.
Kriessern kam näher
Nach diesen fünf tollen Fights war das Pulver diesmal bei Einsiedeln in der zweiten Halbzeit nicht wie in den letzten Duellen verschossen. Damian von Euw brachte Fabio Dietsche mit seinen phantastischen Würfen bald einmal in Verlegenheit. Beim Stande von 12:0 gelang ihm ein Schultersieg. Der gebürtige Russe Dimitar Sandov war gegen den sich tapfer wehrenden Jan Neyer von Beginn weg dominant und blieb mit 7:0 erfolgreich. Trotz der Niederlage erfüllte der Unterlegene den Soll. Yves Neyer zeigte sich von seiner allerbesten Seite, lag gegen Tobias Betschart ständig in der Vorwärtsbegegnung und kam mit dieser Taktik und schnellen Kontern zu einem ungefährdeten 11:0-Erfolg. Kay Neyer gelang gegen den erfahrenen Internationalen Marc Dietsche keine weitere Resultatkosmetik. Er liess sich aber von seinem favorisierten Gegner nicht überrumpeln und konnte die Niederlage mit 10:5 in Grenzen halten.
Die brutale Last der Entscheidung beim Stande von 17:14 für Einsiedeln lag auf den Schultern von Jan Faller. Der brillante Techniker sah sich zu Beginn von Dorien Hutter in die Devensive gedrängt und lag 12:0 zurück. Doch dann kam es zum eingangs geschilderten Schlussbouquet, welches auch nach hinten hätte gehen können. Mit herrlichen Würfen konnte er immer mehr aufholen – der Sieg lag sogar in Reichweite. Obschon er kurz vor Ende alles auf eine Karte setzte, verlor er hauchdünn mit 14:12, was aber den Gesamtsieg für Einsiedeln bedeutete.
Die Einsiedler Ecke stürmte trotz der Niederlage auf die Matte und feierte den Freiburger Austauschringer im Dienste der Einsiedler. «Ein knappes Ding. Vor dem letzten Duell war noch alles drin: Sieg, Remis oder Niederlage. Wir hatten schliesslich das Glück auf unserer Seite. Der Kampf war sehr hektisch. Wir versuchten, mehr Ruhe hereinzubringen, was aber schwierig war», bilanzierte Trainer Urs Bürgler. «Das wird für uns keine leichte Aufgabe für den Rückkampf, denn zwei Punkte Vorsprung sind im Ringsport sehr wenig.»
«Die Zuschauenden haben uns geholfen, sie gaben uns jene Energie, die wir eigentlich nicht mehr im Körper hatten», schwärmte Schwergewichtler Sven Neyer. Bei ihm ist wie beim Wein: Je älter, desto besser. Obschon der Brustumfang einiger Einsiedler für einen Moment angewachsen ist, müssen sie im Hinblick auf das nächste Duell auf dem Boden bleiben.
Rückkampf in Kriessern
Am nächsten Sonntagnachmittag geht es um den Gesamtsieg. Dabei muss Kriessern vor eigenem Publikum zwei Punkte aufholen, was im Ringen nicht viel bedeutet. Einsiedeln stellt sich in der Hölle des Löwen auf einen Grossangriff ein. Kriessern hat nun enormen Druck. Es darf erneut mit einer Begegnung auf Augenhöhe gerechnet werden. Dabei dürfte wohl die Aufstellung über Sieg oder Niederlage entscheiden. Der Match beginnt in der altehrwürdigen Mehrzweckhalle in Kriessern um 14 Uhr.
Resultatübersicht:
(F=Freistil, G=Griechisch-Römisch)
57 kg (F): Stone Perlungher – Levin Meier 3:1
61 kg (G): River Perlungher – Joel Gächter 2:1
65 kg (F): Lars Neyer – Sandro Hungenbühler 1:3
70 kg (G): Jan Neyer – Dimitar Sandor 0:3
75 kg (F): Kay Neyer – Marc Dietsche 1:3
75 kg (G): Jan Faller – Dorien Hutter 1:2
80 kg (F): Yves Neyer – Tobias Betschart 3:0
86 kg (G): Damian von Euw – Fabio Dietsche 4:0
97 kg (F): Andreas Burkard – Jeremy Vollenweider 2:1
130 kg (G): Sven Neyer – Ramon Betschart 1:2
Hinkämpfe
3./4. Platz: Einsiedeln – Kriessern 18:16
Best- of-3-Serie
1./2. Platz: Freiamt -Willisau 11:23
Werner Schönbächler