Trotz frühen Ausscheidens bleibt Olympia das Ziel von Yves Neyer
Drei Monate für den Sport, nach 5:18 Minuten das Aus an den Europameisterschaften in Riga. Das ist das harte Verdikt für den 24-jährigen Trachslauer Ringer Yves Neyer bei seiner Première.
W.S. Wer sich im Ringen – einer Weltsportart – mit guten Ergebnissen für die Europameisterschaften qualifiziert, der darf über eins schon sicher sein: Dass der bei den Ringerexperten unter verschärfter Beobachtung steht. Dennoch geschah an den Europameisterschaften viel ausser dem Radar der Öffentlichkeit, im Zustand einer gewissen Anonymität. Nun aber erlebte Yves Neyer, was es bedeutet, zu den allerbesten Ringern Europas zu gehören. Er ist ein Spätzünder auf internationalem Parkett und hat keinen atemberaubenden Aufstieg hinter sich. Trotz des vorhandenen Talents musste er vieles hart erarbeiten. Den Vormarsch in die europäische Ringer-Hierarchie begann sich erst im letzten Jahr abzuzeichnen. Er schaffte den Sprung ins Nationalkader und hatte in Bulgarien einen vielversprechenden Auftritt, ehe ihn eine Ellbogenverletzung mehrere Wochen ausser Gefecht setzte. Mittlerweile zählt er zu den 20 besten Ringern des Kontinents im Gewicht bis 70 Kilogramm. Und das will doch schon etwas heissen. Er wusste, dass er nach seiner Selektion mit dem siebten Platz in Paris „gejagt“ wird und keinen leichten Stand haben würde. „Ich hoffe, dass ich etwas Losglück habe“, sagte er im Vorfeld. Doch ausgerechnet dieses blieb ihm versagt. Dennoch war er bereit für den Kampf gegen Ungarns Nummer 1 Istvan Gulyas, auch ein erfolgreicher Mannschaftsringer in der deutschen Bundesliga. „Der Kampf begann mit einer hohen Intensität, da gab es überhaupt keine taktischen Geplänkel“, erklärte Einsiedelns Trainer René Buchmann, der als Zuschauer dabei war. Neyer geriet etwas unglücklich mit 4:0 in Rückstand. Doch konnte er reagieren und stand nach guter Vorarbeit zweimal nahe am Punktegewinn. In der zweiten Runde setzte er alles auf eine Karte und drängte seinen Kontrahenten in die Defensive. Doch wurde er vom blitzschnellen Ungaren immer wieder geschickt ausgekontert, sodass nach 5:18 Minuten für ihn das Aus durch technische Unterlegenheit kam. „Schade, dass ich anfangs in Rücklage geriet und den Spiess nicht mehr umzudrehen vermochte“, sagte der sichtlich enttäuschte Yves Neyer.
Dennoch ist er glücklich, als einziger echter Mitteleuropäer einen Platz im Turnier bekommen zu haben, für das sich nur 20 Athleten pro Gewicht qualifziert haben und die meisten Ringer aus dem Osten kommen. „Harte Brocken“, nennt Neyer die Ringer an den Europameisterschaften. Da werden keine Geschenke verteilt. „Das sind alle Profis, die im Gegensatz zu den Schweizern daneben nichts mehr arbeiten. Die beherrschen durch das viele Training einfach mehr Varianten als wir.“
Im Übrigen hatte sich Yves‘ Vater René Neyer bereits mit dem Vater seines Widersachers wieder harte Duelle geliefert. Unvergessen bleibt dabei sein Sieg, anlässlich der Mannschaftsmeisterschaft 1990 in der Sporthalle Brüel vor 600 Zuschauern.
Mit Sponsoring-Konzept an Olympiade
Trotz dieses kurzen Auftrittes ist die Leidenschaft für Yves Neyer nicht erlöscht. Er wird schon nächste Woche wieder auf der Matte des Trainingslokals der Ringerriege Einsiedeln an der Zürichstrasse anzutreffen sein und sich auf die Schweizermeisterschaften am 30. April vorbereiten. Wer Yves Neyer kennt, der weiss, dass er weiter hart an sich arbeiten wird und stark zurückkehren wird. Was ist ihm von den Europameisterschaften geblieben, von diesen Titelkämpfen der „Gladiatoren“? „Die Erkenntnis, dass ich noch viel trainieren muss, die Bestätigung, dass es nie, an keinem einzigen Tag im Ringen auch nur die geringste Garantie gibt und die Erwartung, dass ich weitere Fortschritte machen muss.“ Es gäbe für ihn allerdings keinen Grunde, nicht optimistisch nach vorne zu schauen.
Der grosse Traum von der Olympiateilnahme in Tokio 2020 hat er sich zum Ziel gesetzt. Es würde wirklich nicht erstaunen, wenn die Schweizer Olympia-Delegation dannzumal den Namen Yves Neyer aufführen würde. Der Weg ist jedoch alles andere als leicht, da liegen viele Steine auf der „Strasse des Erfolges“. Dafür wird er noch viele Male in Trainingslager ins Ausland reisen müssen. Und dazu braucht er die finanzielle Unterstützung von Sportfreunden – ein Sponsoring-Konzept eben.
Werner Schönbächler