Der Sieg in Spanien ist für den 17-jährigen Trachslauer Kay Neyer der bisherige Höhepunkt seiner noch jungen Karriere nach seinem letztjährigen dritten Platz in Talinn.
W.S. «Unglaublich.» Kay Neyer konnte sein Glück kaum fassen. In Los Alcazares einer spanischen Ringerhochburg holte der Maurerlehrling bei den Kadetten im freien Stil bis 55 Kilogramm den Sieg. Nachdem es ihm zuletzt nicht immer klappen wollte, hat er diesmal den Schalter im richtigen Moment umlegen können. Andrey Maltsew, Trainer der Schweizer Delegation, freute sich über den Exploit des Trachslauers. An einem Weltturnier mit Teilnehmer aus rund 50 Ländern aller Kontinente gewann er zur grossen Überraschung die Goldmedaille. «Sehr zufrieden», sei er mit seiner Leistung, sagte Kay Neyer – im Wissen, dass es ihm die Kontrahenten nicht leicht gemacht haben. «Gewisse Dinge hat er in der Vergangenheit nicht immer optimal umsetzen können. Diesmal hat er Vollgas gegeben», freute sich Maltsev.
Starker Beginn
Nach seinen siegreichen Duellen in der Vorrunde machte Kay Neyer den Tag für das Schweizer Team perfekt. Im Halbfinal gelang ihm gegen den slowakischen Vertreter ein Schultersieg. Der Finalkampf gegen den Vertreter aus Saudi-Arabien verlief ausgeglichen und endete mit 8:8. Dank der höheren Wertungen holte Kay Neyer seinen ersten Sieg auf internationaler Ebene bei den Kadetten. Dabei kamen seine Qualitäten zum Vorschein. Er ist schnell und technisch sehr vielseitig. Es gelingt ihm immer wieder, von Stand und Boden zu punkten. Und dann zeichnet ihn die Freude am Zweikampf aus. Den Biss hat er wohl von seinem Vater René Neyer, zweifacher Olympiateilnehmer und über Jahre hinweg erfolgreichster Schweizer Freistilringer, geerbt. Er ist ein sehr begabter Kämpfer, der technisch immer wieder glänzt. Und er hat ein Kämpferherz. Kay ist übrigens nicht der einzige der Familie, der sich dem Ringen widmet. Seine vier älteren Brüder sind auch diesem Kampfsport verfallen. «Wir pushen uns gegenseitig – wenn einer etwas erreicht, weiss der andere, dass auch er es schaffen kann. Dass starke Leistungen im Spitzensport auch ohne den Besuch einer Sportschule möglich sind, beweist der Maurerlehrling im ersten Lehrjahr auf eindrückliche Art. Für sein Alter ist er unglaublich konsequent. Er trainiert fünfmal wöchentlich und nimmt dabei lange Wege auf sich.
Zurück zum Sport: Abheben wird Kay Neyer wegen des Sieges in Spanien bestimmt nicht. Neben seinen nationalen Wettkämpfen wird er auch an Turnieren im Ausland teilnehmen. Doch an erster Stelle steht vorerst seine Lehre. «Als Nächstes will ich im Ringen aber noch taktische Dinge verbessern, wie beispielsweise das Halten eines Vorsprungs.» Zusammengefasst könnte man festhalten: Die Challenge in Spanien hat er mit Bravour gemeistert. Die ganz grossen Momente auf der Matte sollen aber erst noch kommen. Doch deswegen lässt sich der ruhige Sportler nicht aus der Ruhe bringen. Er hat enormes Potenzial. Viele Ringerexperten trauen ihm weitere Exploits zu, wenn er von Verletzungen verschont bleibt.
Werner Schönbächler