Mit sieben Zähler Unterschied unterlag Einsiedeln dem letztjährigen Meister Kriessern am Sonntag. Die Rheintaler haben damit für den Rückkampf die besseren Karten in ihren Händen. Obendrauf war es aber ein spannender Kampf.
W.S. Was die beiden Teams den rund 700 frenetischen Zuschauern in der Sporthalle boten, war ganz stark. Die Stimmung war vom ersten Kampf an aufgeheizt, die Emotionen kochten in beiden Lagern immer wieder auf. Der Fight mahnte ein wenig an das Feuer im Kamin: Es wärmt nur, wenn es durch den Kamin zieht und Sauerstoff die Flammen nährt. Was dem Feuer die Zugluft, waren beim Match einige hochbrisante und enge Duelle. Es zog ganz schön über die Matten wie durch den Kamin. Nach einer guten ersten Halbzeit begann Einsiedeln zu stottern, die Kräfte lahmten, das Vertrauen schwand – und der Kriessern-Express nahm so richtig Fahrt auf.
Starker Beginn
Leichgewichtler Kay Neyer, der dem Junioren-Kader von Swiss Wrestling angehört, musste gegen den Alt-Internationalen Urs Wild ran. Dabei wurde ihm der Tarif von der ersten Sekunde an durchgegeben. Nachdem er bald einmal mit 6:0 in Rückstand lag, wurde der 17-jährige Maurerlehrling im «Päckli» auf die Schultern geschraubt. Das Duell zwischen Sven Neyer und Noel Hutter wurde vom Einheimischen klar dominiert. Immer wieder punktete er mit seinen Durchdrehern am Boden bis sein technisch überhöhter Sieg feststand.
Michel Schönbächler, der für sein Gewicht einige Kilos «abkochen» musste, konnte Christoph Wittenwiler nach einer 8:4 Führung in der zweiten Runde am Boden überlisten und so das Punktemaximum in trockene Tücher bringen. Erneut einen starken Auftritt zeigte der 24-jährige Revisor Andreas Burkard. Mit seinen blitzschnell vorgetragenen Angriffen setzte er den körperlich überlegenen P hilipp Hutter gleich unter Druck und ging in der ersten Runde mit 2:1 in Führung. Obschon der wieder aktivierte einstige Internationale bedrohlich nahe kam, behielt Burkard mit 8:5 das bessere Ende. Einfach toll, wie Burkard bei seinen Beinangrifften rechts getäuscht und links gedreht hatte. Lars Neyer und der Junioren-Internationale Dominik Laritz, eines der grössten Schweizer Ringertalente überhaupt, lieferten sich einen harten Fight. Neyer liess sich unnötig aus dem Konzept bringen und wurde von seinem Kontrahenten kurz vor Wettkampfende prompt noch geschultert. Der in Reichweite liegende Mannschaftspunkt war damit weg. Bei Halbzeit lagen die Einheimischen mit 10:9 vorne, was im Ringen nicht viel bedeutet.
Kriesserns Steigerungslauf
Nach der Pause versuchte Matthias Käser mit seinem grossen Kampfwillen Damian Dietsche entgegenzuhalten. Doch geriet er nach blitzschnellen Angriffen mit 6:0 bald einmal in Rücklage und wurde kurz darauf mit einem klassischen Hüfter erwischt, was für das Team ein herber Rückschlag bedeutete. Die Einsiedler gaben aber nicht auf. Jan Neyer gelang gegen den hoffnungsvollen Greco-Spezialisten David Loher sein wohl stärkste Saisonleistung. Nach einem vorsichtigen Beginn ging er 2:0 in Führung und siegte verdient mit 7:1. Damit stand es nach sieben Durchgängen 13:14. Adrian Mazan hatte anfänglich gegen den körperlich überlegenen Tobias Betschart einen schweren Stand. Gegen Ende der Begegnung schien Mazan mit seinen 35 Jahren die Altersgrenze auf den Kopf zu stellen, verringerte zusehends seinen Rückstand, verlor aber unglücklich mit 4:3. Trotz der Niederlage hatte Mazan damit in Sachen Kampfgeist und Einstellung besonders für junge Ringer ein Zeichen gesetzt. Chancenlos blieb Lorenz Schönbächler gegen Olympiakandidat Marc Dietsche. Bereits nach einer Minute konnte er sich aus einer bedrohlichen Lage nicht mehr befreien. Als in der letzten Begegnung Isa Usupov und David Hungerbühler ein wahres Feuerwerk an hoher Griffkunst abbrannten, verwandelte sich die Halle in einen wahren Hexenkessel. Der Schlussspurt reichte dem Einsiedler Leihringer aus dem Wallis nicht mehr ganz und verlor mit 7:5. Dabei brachte er seinen Kontrahenten in den letzten zehn Sekunden an den Rand einer Niederlage.
Ist der Ofen nun für Einsiedeln aus? Nein. Wie man im Ofen immer wieder ein Feuer machen kann und es auf einmal wieder im Kamin zieht, die Flammen aufs prächtigste aufflackern und züngeln, so ist es möglich, dass der Rückkampf wieder neu befeuert wird.
Einsiedeln kämpfte mit Emotionen. «Das war sicher etwas Positives. Dennoch reichte es nicht zum Sieg», sagte Einsiedelns Trainer Urs Bürgler. Besonders gegen das Ende hin gingen die PS immer mehr aus. Einsiedeln war insgesamt doch zu wenig konsequent, zu wenig kompakt und zu wenig abklärt. Das Ergebnis spricht für sich. Kriessern hat clever gerungen, auch wenn der Sieg etwas zu hoch ausgefallen ist. Doch für einen Podestplatz scheint Einsiedeln auch im dritten Anlauf nicht tauglich zu sein.
Resultatübersicht:
57 kg: Kay Neyer – Urs Wild 0:4
61 kg: Michel Schönbächler – Christoph Wittenwiler 4:0
65 kg: Lars Neyer – Dominik Laritz 0:4
70 kg: Jan Neyer – David Loher 3:1
74 kg: Lorenz Schönbächler – Marc Dietsche 0:4
74 kg: Isa Usupov – David Hungerbühler 1:2
79 kg: Adrian Mazan – Tobias Betschart 1:2
86 kg: Matthias Käser – Damian Dietsche 0:4
97 kg: Andreas Burkard – Philipp Hutter 2:1
130 kg: Sven Neyer – Noel Hutter 4:0
Playoffs:
3./4. Platz: Einsiedeln Kriessern 15 : 22
1./3. Platz: Freiamt – Willisau 18: 17
Auf-Abstiegskampf:
Oberriet – Schattdorf 17 : 21 (Gesamt 37: 40)
Verschiedene Ehrungen von Ringern und Kampfrichtern
Am Ende des Matches wurden die verschiedenen Einsiedler Austauschringer und die Kampfrichter besonders geehrt.
W.S. In den beiden Playoff-Heimpartien wurden in Einsiedeln die besten Ringer beider Mannschaften ausgezeichnet. Diesmal durften Damian Dietsche (Kriessern) für seinen excellenten Hüftwurf und Jan Neyer für seinen Überraschungssieg gegen David Loher aus den Händen des ehemaligen Skistars Peter Müller ein Präsent entgegennehmen. Der 24-fache Weltcupsieger zeigte sich in einem Interview beeindruckt vom Kampfgeist, der Technik und Beweglichkeit der Ringer. Wie im Fussball und Eishockey gehen Klubs der höheren Ligen mit unterklassigen Vereinen eine Zusammenarbeit ein. Doch im Ringen spielt Geld dabei eine untergeordnete Rolle. Die Ringerriege Einsiedeln ist diese Saison eine Kooperationen mit drei Klubs eingegangen. Bei Rapperswil waren mit Andrin Kauflin, Jan Walker und Roman Bisig drei Ringer engagiert. Sie konnten in der ersten Liga wertvolle Erfahrung sammeln und erreichten einen Mittelfeldplatz.
Cyrill und Jonas Kälin verhalfen Zürich zum Aufstieg in die Nationalliga B. Dany Kälin verstärkte das Team Valais in einigen Kämpfen im Leichtgewicht und gewann mit den Wallisern in der zweithöchsten Liga die Silbermedaille. Daneben war er ein wertvoller Punktesammler für Einsiedeln. Geehrt wurden auch Matthias Käser (Sense) und Isa Usupov (Valais), die Einsiedeln in den mittleren Gewichten im Greco verstärkten.
Sebastian Spalinger und Patrick Dähler erhielten ein Präsent für ihre nicht leichte Aufgabe als Kampfrichter. Sie sind Wochenende für Wochenende dem «Volkszorn» ausgesetzt. Egal wie ein Kampfrichter entscheiden mag, viele sind ohnehin gegen sein Urteil. Um so sympathischer war der grosse Applaus, den sie vom Publikum erhielten. In Zweikampfsportarten mag es wohl hitzig zu- und hergeben. Nach dem Kampf wird über Entscheide diskutiert, doch man ist nicht nachtragend. Respekt und Kameradschaft sind eben wichtige Begriffe.
Entscheidung am nächsten Sonntag
Blech oder Bronze: Die Einsiedler Ringer haben vor eigenem Publikum die Chance verpasst, sich in eine gute Ausgangslage für den Rückkampf zu manövrieren. Doch bleibt ihnen keine Zeit, damit zu hadern. Sie müssen die Enttäuschung verkraften und sich für den Rückkampf aufbauen. Dieser findet am nächsten Sonntagnachmittag, Beginn, 14 Uhr, in der Mehrzweckhalle Kriessern statt.
Werner Schönbächler