Erster Heimsieg für das Wohlgefühl der Ringerriege Einsiedeln
Die Ringerriege Einsiedeln gewinnt das Innerschweizer Derby gegen Leader Willisau mit 26:11 und erreicht damit aus eigener Kraft die Playoffs.
W.S. Ein Match mit viel Ehre und viel Moral: Nach dem Kampfende waren die Einsiedler Ringer gut aufgelegt. Einsiedeln steht wie schon letzte Saison in den Playoffs, mit sechs Zählern mehr auf dem Konto als damals. Willisau konnte sich für die bittere Vorrundenniederlage nicht revanchieren. Was aber für die Ringerriege Einsiedeln viel wichtiger ist: Sie bestimmte gegen den Leader von Beginn weg die Gangart . Der Sieg lag bald einmal greifbar nahe. «Wir haben diesmal den Vorsprung nicht mehr aus den Händen gegeben», freute sich Urs Bürgler, der Trainer. Obschon die Gäste in der Endphase mit zwei Ausfällen Riesenpech hatten, waren die Einheimischen nicht mehr einzuholen. Sie setzten der immer einseitiger werdenden Partie absolut den Stempel auf. So ganz nach dem Motto: « Wir sind keine Alibiringer, wir trauen uns etwas zu.» Sie haben das vorhandene Potenzial nach knappen und ärgerlichen Niederlagen umgesetzen können. Die Einsiedler vergaben zwar auch diesmal immer wieder unnötige Punkte, was sich in der Endabrechnung aber glücklicherweise für einmal nicht rächte.
Starker Beginn
Erster Höhepunkt für die Gastgeber war der Schultersieg des gut disponierten Patrick Dähler gegen Sebastian Schwyzer. Dähler nahm das Geschehen fest in seine Hände, ging schnell einmal in Führung und konnte seinen Widersacher nach einem klassischen Hüfter schultern. Michael Hess war gegen WM-Teilnehmer Stefan Reichmuth überfordert. Der brillante Willisauer Techniker holte bald einmal einen technischen Überlegenheitssieg heraus. Lars Neyer und Timon Zeder lieferten sich einen spannenden Fight, der die 300 Zuschauer von den Sitzen riss. Nach der ausgeglichenen erste Runde kam Neyer gegen das Willisauer Freistil-Ass immer besser in Fahrt und siegte mit seinem unbändigen Kampfwillen 7:2. Nichts anbrennen liess auch sein älterer Bruder Sven Neyer. Mit herrlichen Überwürfen kam er gegen Florian Bernet nach 1:29 Minuten zu einem Sieg durch technische Überlegenheit. Für Stimmung sorgte das aufs Messers Schneide stehende Duell zwischen den beiden offensiv fightenden Greocringern Michel Schönbächler und Michael Portmann. Die beiden Kontrahenten punkteten in regelmässigen Abständen. Am Schluss lag der glücklichere Einheimische mit 8:6 vorne. Bei Halbzeit führte Einsiedeln völlig überraschend mit 13:6.
Einsiedelns Sturmlauf
Andreas Burkard lieferte gegen den körperlich überlegenen Dominik Bossert nach einer vorübergehenden Baisse einen taktischen Klasse-Fight ab und gewann mit seinen wirkungsvollen Beinangriffen völlig verdient mit 10:0.
Nach dieser Begegnung musste Willisau alles auf eine Karte setzen. Viele Ringerkenner befürchteten einen Einbruch der Einsiedler. Doch erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Als Erster musste sich Jan Neyer gegen Mirco Studer beweisen. Wie der Fuhrmann die Pferde wurde Jan Neyer in einem aufreibenden Duell von den Zuschauern nach vorne gepeitscht. Neyer ging mit dem ersten Beinangriff in Führung und lag nach den ersten drei Minuten mit 2:1 vorne. In der zweiten Runde ging es drüber und drunter. Für die Zuschauer war es schwierig die Übersicht zu behalten. Nach einem vorübergehenden Rückstand gelang es Neyer in den letzten zwanzig Sekunden das Rad noch seinen Gunsten umzudrehen und mit 10:8 die Matte als vielbejubelter Sieger zu verlassen. Obschon sich Mathias Käser wie immer kämpferisch zeigte, konnte er die technisch überhöhte Niederlage gegen den Ex-Internationalen Jonas Bossert nicht verhindern. Im vorletzten Duell musste Yves Müllhaupt gegen Roger Heiniger die Nerven bewahren. Sie hielten. Der Austauschringer Einsiedelns übernahm die Führung mit klugen taktischen Aktionen und führte 6:0, als es für einen Moment mäuschenstill in der Halle wurde. Bei einem Angriff renkte sich Heiniger unglücklich die Schulter aus und musste Forfait geben. Im letzten Kampf des Abends war das Duell zwischen dem Junioreninternationalen Tobias Portmann und Adrian Mazan angesagt. Da beim Stande von 22:11 der Sieg für Einsiedeln schon feststand, nahm Portmann den Kampf wegen einer Entzündung am Knie gar nicht auf.
Einsiedeln kam damit vor eigenem Publikum erstmals im Verlaufe dieser Saison zu einem Sieg. Obschon das Ende für die Zuschauer und Ringer ein arger Dämpfer war, gibt es am Sieg Einsiedelns nichts zu rütteln. «Wichtig für uns ist, dass wir die Playoffs eine Runde vor Ende der Qualifikation auf sicher haben», sagte Urs Bürgler. Er machte aber in diesem Derby noch verschiedene Baustellen aus. «Wir dürfen in hektischen Phasen nicht einfach Punkte liegen lassen.» Zur kämpferischen Leistung kann man der Mannschaft dennoch gratulieren. Wo ist nun das Leistungspotenzial der Ringerriege Einsiedeln nun anzusiedeln? «Wir haben solid gekämpft», sagte Bürgler ziemlich emotionslos, «mehr eigentlich nicht.»
Die Einsiedler waren insgesamt etwas cleverer und hatten das nötige Wettkampfglück auf ihrer Seite. Willisau kroch bald einmal auf dem Zahnfleisch und kam einfach nicht auf Touren. Aber das schmälert die Leistung, welche die Einheimischen ablieferten, nicht im Geringsten. In der Kurzzusammenfassung: Die Ringerriege Einsiedeln lieferte Ringen vom Feinsten ab und steigerte sich in einen «Rausch». Den Luzerner Ringern und Fans ist zugute zu halten, dass sie sich in der Niederlage als äusserst faire Verlierer zeigten und die Niederlage ohne Wenn und Aber hinnahmen.
Schulter ausgekugelt und vom ringenden Arzt wieder eingerenkt
Ringer sind nicht gerade dafür bekannt, mit ihren Gegnern zimperlich umzugehen. Das soll aber nicht heissen, dass sie keine fairen Sportsmänner sind. Im Fight zwischen Yves Müllhaupt und Roger Heiniger ging es hart zur Sache. Müllhaupt setzte in Führung liegend zu einem Armfallzug an. Bei dieser Aktion kugelte sich der Willisauer die Schulter aus. Zum Glück war Adrian Mazan, der ringende «Einsiedler Arzt», zur Stelle. Ihm gelang es mit Unterstützung der Samariter die luxierte Schulter noch einem kurzen Moment wieder einzurenken, was von den Zuschauern mit grossem Applaus quittiert wurde. Obschon Heiniger darauf richtigerweise Forfait gab, blieb ihm der Weg ins Spital erspart. Gleich anschliessend musste Mazan selber zu seinem Kampf antreten. «Das war für mich ein äusserst emotionaler Moment», sagte der gebürtige Pole. Diese uneigennützige Hilfe verdient an dieser Stelle ein aufrichtiges Wort des Dankes und der Anerkennung. Soll noch einer sagen, dass Zweikampfsportler Raubeine sind.
Resultatübersicht:
57 kg: Patrick Dähler – Sebastian Schwyzer 4:0
61 kg: Lars Neyer – Timon Zeder 3:1
65 kg: Michel Schönbächler – Michael Bossert 2:1
70 kg: Jan Neyer – Mirco Studer 2:1
74 kg: Yves Müllhaupt – Roger Heiniger 4:0
74 kg: Adrian Mazan – Tobias Portmann 4:0
80 kg: Mathias Käser – Jonas Bossert 0:4
86 kg: Andreas Burkhard – Dominik Bossert 3:0
97 kg: Sven Neyer – Florian Bernet 4:0
130 kg: Michael Hess – Stefan Reichmuth 0:4
Einsiedeln – Willisau 26 : 11
Schattdorf – Freiamt 15 : 25
Hergiswil – Kriessern 13 : 22
Tabelle:
- Willisau, 14 P., 2. Freiamt, 13 P., 3. Kriessern, 11 P., 4. Einsiedeln, 10 P., 5. Schattdorf, 4 P. 6. Hergiswil
Auswärts gegen Freiamt
Zum Abschluss der Qualifikationsrunde trifft die Ringerriege Einsiedeln in zwei Wochen auswärts auf Freiamt. Wegen der U23-Welttitelkämpfen wird die Mannschaftsmeisterschaft eine Woche unterbrochen. Durch glücklichen Zufall konnten sich die Aargauer mit zwei Russen verstärken und haben so gegenüber ihren Widersachern bei der Aufstellung einen wesentlichen Vorteil. Da der Match noch einen Einfluss auf die Tabelle hat, darf ein spannender Fight zwischen diesen beiden Erzrivalen erwartet werden.
Werner Schönbächler