Kann die Ringerriege Einsiedeln dem Meister Paroli bieten?
Im ersten Kampf der Playoffs empfängt Einsiedeln daheim Kriessern und hofft den Schwung nach dem Sieg gegen Willisau mitnehmen zu können. Bei welchem Team liegen die Vorteile?
W.S. Ein Naturereignis. Ja, dieses Wort trifft den Einzug der Ringerriege Einsiedeln in die Playoffs wohl am besten. Bei einem Naturereignis gibt es keine Schuldigen. Es ist höhere Gewalt. So lässt sich der Sieg von Einsiedeln gegen Willisau vor einer Woche erklären. Die Einsiedler sind wie ein Gewittersturm über Willisau hinweggebraust. Wie ein Naturereignis, für das es eben nur eine Erklärung gibt: höhere Gewalt.
Bei einem gewöhnlichen Sieg oder einer Niederlage obliegt es dem Chronisten, die Schuldigen oder die Sieger sowie die Fehler zu benennen. Meist wissen hinterher ja ohnehin alle, wie es ohne die Missverständnisse und Unwägbarkeiten ausgegangen wäre. Aber all dies war nach dem Überraschungssieg gegen Willisau nicht nötig. Einsiedeln hat kollektiv eine starke Leistung gezeigt. Alle waren daran beteiligt und es wurde bis zur letzten Sekunde gefightet. Gross ist aber die Versuchung, nun bereits in Euphorie auszubrechen. Die Einsiedler kämpften insgesamt effizient und kaltblütig. Dafür hat es vom Publikum zwischendurch zurecht «Standing Ovations» gegeben, wie schon lange nicht mehr. Das Heimteam zelebrierte phasenweise «Ringer-Schach» und führte damit den Gegner in die Irre. Einsiedeln hat vielleicht über seinem ringerischen Nominalwert gekämpft und Willisau unter seinen Möglichkeiten. Doch im Sport werden eben solche Geschichten geschrieben.
Was liegt drin?
Es stellt sich nun die Frage, ob Einsiedeln wieder eine solche Leistung abrufen kann. Die Mannschaft hatte nach einer total missglückten Vorrunde ihre Unerschüttlichkeit in der zweiten Hälfte unter Beweis gestellt. Eine ihrer Qualitäten ist es, nie aufzugeben und wieder aufzustehen. Wie sieht es gegen Kriessern aus? «Wir haben als Underdog keinen Druck und nach dem grossen Verletzungspech einiger Athleten mit dem Einzug in die Playoffs mehr erreicht, als wir bei Halbzeit erwarten durften», erklärt Einsiedelns Trainer Urs Bürgler. «Bezüglich der Taktik können wir nur das herausholen, was momentan im Tank ist. Im Gegensatz zu Kriessern verfügen wir nicht über ein derart grosses und breites Kader. Wir sind bereits bei der Mannschaftsaufstellung eingeschränkt.» Doch wer weiss, vielleicht steht Einsiedeln das Glück des Tüchtigen bei. Jeder einzelne Ringer muss um jeden Punkt kämpfen. In der Schlussabrechnung kann nämlich jeder Zähler für den Sieg oder die Niederlage ausschlaggebend sein. «Die Ringer müssen Verantwortung übernehmen und an ihre persönlichen Grenzen gehen. Nur so ist gegen die Rheintaler etwas zu holen.» Kriesserns Trainer Hugo Dietsche nimmt den Gegner sehr ernst. «Wer Einsiedeln abschreibt, ist wohl im falschen Film. Ich erwarte im «Klosterdorf» kein Zuckerschlecken.» Doch gelingt es Dietsche immer wieder, seine Mannschaft punktegenau in Form zu bringen. Es ist klar: Nur ein Einsiedeln «brutto» kann über sich hinauswachsen. Also ein leidenschaftliches, zu allem entschlossenen, vom ganz besonderen Geist beseelten Einsiedeln. Theoretisch gesehen, wären die Voraussetzungen gar nicht so schlecht. Es wird sich zeigen, ob Einsiedeln bereits ein Playoffteam ist. Doch das braucht eben seine Zeit.
Nach der Niederlage gegen Freiamt wird man bestimmt wieder den wahren Meister sehen. Deshalb ist die Ausgangslage für Einsiedeln eine ganz andere. Kriessern besitzt das Potenzial, um wieder Meister zu werden. Doch Einsiedeln hat als Aussenseiter nichts zu verlieren und kann unbeschwert antreten, als gebe es keinen Morgen.
25 Jahre Playoffs
Der Modus der Playoffs hat in den letzten 25 Jahren das Ringer positiv verändert, wie wohl keine andere administrative Massnahme. Er hat ein neues Denken, eine Winnermentalität in das Ringen gebracht. Ringer, Trainer und Verantwortliche haben nach und nach gelernt: Es ist alles möglich. Einsiedeln muss nur daran glauben.
Die Begegnung wird in der Sporthalle Brüel, Beginn 20:00 Uhr, ausgetragen. (Inserat)
Werner Schönbächler